Pilz und Substrat - Ökologie der Pilze

Lebensansprüche der Pilze

Die grünen Pflanzen können mit Hilfe der Photosynthese energiereiche Kohlenhydrate aufbauen (autotroph). Im Unterschied dazu benötigt ein Pilz organische Kohlenstoffverbindungen um den Energiebedarf für seinen Stoffwechsel zu decken (heterotroph). Damit ist ein wesentlicher Anspruch an den Lebensraum von Pilzen bereits festgelegt.
Durch ihre Tätigkeit als Abbauer von organischen Verbindungen zählt man Pilze zu den Zersetzern (Destruenten) genauer Reduzenten (Mineralisierer), da sie organisches Material nicht nur zerkleinern, sondern in lösliche Minerale aufspalten.
Die Ergänzung der Gruppe der Produzenten (grüne Pflanzen) und der Destruenten bildet die Basis des grundlegenden Stoffkreislaufes in der Natur - der stete Aufbau organischer Strukturen und wiederum der Abbau derselben.

Einteilung der Pilze nach der Ernährung

Von einigen Gruppen der Säugetiere ist bekannt, dass diese Lebewesen nach ihren Ernährungsgewohnheiten eingeteilt werden (Pflanzenfresser, Fleischfresser, Allesfresser). Je nach Art und Weise, wie die Pilze ihren Nahrungs-bedarf an organischem Material decken, teilt man sie ebenfalls in Gruppen ein:

  1. Saprobionten (Fäulnisbewohner)
    Sie bewohnen totes organisches Material.
  2. Parasiten (Ernähren sich von der Substanz lebender Organismen)
    Parasitismus kann als Extremfall einer Lebensgemeinschaft (Symbiose) bezeichnet werden, in welcher nur ein Partner profitiert und der andere Schaden erleidet.
  3. Symbionten (Lebensgemeinschaft mit anderen Organismen)
    Mit Symbiose bezeichnet man eine Lebensgemeinschaft, von der beide Teile profitieren. Der Grenzfall, dass nur ein Teil profitiert, der andere jedoch keinen Schaden erleidet wird mit dem Begriff Kommensalismus bezeichnet. Die Lebensgemeinschaft von Pilzen, die mit ihrem Pflanzenpartner über die Wurzeln im Kontakt sind, wird Mykorrhiza genannt.

Die Trennung ist nicht scharf. Es gibt Pilzarten, die zu verschiedenen Gruppen gehören, zum Teil hängt dies auch von ihrem Lebensstadium ab.

Nach Zerkleinerung durch niedere tierische Lebewesen bauen Pilze zusammen mit Bakterien die rund vier Tonnen Streu restlos ab, die jährlich in einem Hektar Laubwald anfallen. Durch die Ausscheidung von Exoenzymen (extrazelluläre Enzyme) können Pilze selbst schwer anzugreifende Kohlenstoffverbindungen aufschliessen und dann in Flüssigkeit gelöst aufnehmen (osmotroph). Lediglich eine kleine Gruppe von Schleimpilzen umschliesst winzige Partikel und kann so recht eigentlich organisches Material fressen (phagotroph).

Zusammenhang zwischen Substrat und Ernährungsweise der Pilze

Die folgende Tabelle zeigt, auf welchem Substrat welche Ernährungsformen von Pilzen vorkommen:

+++ bevorzugt
++ gut möglich
+ möglich
kein Zeichen: nicht möglich

Substrat

Fachbegriff

Saprobiont

Symbiont

Parasit

Erde

terricol

+++

++

+

Holz

lignicol

+++

 

++

Blätter

foliicol

+++

 

+

Kräuter

herbaecol

++

 

++

Pilze

fungicol

++

 

++

Flechten

lichenicol

+

 

+++

Dung

coprophil

+++

 

 

gedüngte Erde

semicoprophil

+++

 

 

Moos

bryophil

+++

++

+

Brandstellen

anthracophil

+++

+

+

                                                                                    Tabelle aus: H.O Schwantes, "Biologie der Pilze"

Beispiele

Die Symbiose zwischen Pilzen und Pflanzen wird in der Folge als Mykorrhiza bezeichnet.

Erdbodenbewohner (terricol, terrestrisch)
Pilze, die den Humus bewohnen: In dieser Gruppe befinden sich die meisten von Sammlerinnen und Sammlern gesuchten Arten.
Beispiele:
Saprobionten: Egerlinge (Champignons), Riesenschrimlinge (Macrolepiota), Schönköpfe (Calocybe), Trichterlinge (Clitocybe), Rüblinge (Collybia), usw.
Mykorrhiza: Wulstlinge (Amanita), die meisten Röhrlinge (Boletus, Xerocomus, Suillus, ...), Fälblinge (Hebeloma), Schnecklinge (Hygrophorus), Risspilze (Inocybe), Milchlinge (Lactarius), Täublinge (Russula).

Holzbewohner (lignicol)
Die Abgrenzung zu den Parasiten ist oft fliessend. Gewisse saprobionte Holzbewohner produzieren Toxine, die noch lebendes Holz zum Absterben bringen und nutzen dieses nachher zum Nahrungsgewinn. Auch die Grenze zu den Erdbewohnern ist fliessend. Der Graublättrige Schwefelkopf (Hypholoma capnoides) besiedelt z.B. Holz, das schon fast ganz abgebaut worden ist.
Beispiele:
Saprobionten: Schwefelköpfe (Hypholoma), Holzritterlinge (Tricholomopsis), Hallimasch (Armillariella), Rüblinge (Collybia), Stummelfüsschen (Crepidotus)
Parasit: Hallimasch (Armillariella)

Blätterbewohner (foliicol)
Auch hier z.T. Pilze, die zuerst parasitisch leben und dann später erst auf dem abgestorbenen Blatt die Fruchtkörper bilden. Die Trennung zwischen Saprobionten und Parasiten ist fliessend.
Beispiele: Buchsblattschwindling (Marasmius buxi) auf toten Buchsbaumblättern, Blatthelmling (Mycena capillaris) auf abgefallenen Buchenblättern

Krautbewohner (herbaecol)
Trennung zischen Saprobionten und Parasiten ebenfalls fliessend.
Beispiele:
Farnhelmling (Mycena pterigena) auf vorjährigen Farnstielen, Knöllchen-Grashelmling (Mycena bulbosa) an toten Stengeln und Blättern von Binsen (Juncus) oder Seggen, (Carex), Kräuterseitling (Pleurotus eryngii) auf Laserkraut (Laserpitium)

Pilzbewohner (fungicol)
Beispiele:
Saprobionten: Zwitterlinge (Nyctalis), Goldschimmel (Sepedonium chrysospermum), Sklerotienrübling (Collybia tuberosa)
Parasiten: Parasitischer Scheidling (Volvariella surrecta) auf Nebelkappen (Lepista nebularis), Parasitischer Röhrling (Xerocomus parasiticus) auf Kartoffelbovist (Scleroderma citrinum)

Mistbewohner (coprophil)
Beispiele:
Mistpilze (Bolbitius), Tintlinge (Coprinus), Träuschlinge (Stropharia)

Halbmistbewohner (semicoprophil)
Diese Arten sind nicht streng an Tierkot gebunden. Sie können auch auf stark gedüngten Böden wachsen.
Beispiele:
Düngerlinge (Panaeolus), Träuschlinge (Stropharia)

Moosbewohner (bryophil)
Beispiele:
Saprobionten: Häublinge (Galerina), Nabelinge (Omphalina)
Parasiten: Heftelnabelinge (Rickenella)

Brandstellenbewohner (anthracophil)
Beispiele:
Kohlenleistling (Faerberia), Kohlennabeling (Myxomphalina maura), Kohlenschüppling (Pholiota highlandensis)

 

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