Lebensansprüche der Pilze
Die grünen Pflanzen können mit Hilfe der Photosynthese energiereiche
Kohlenhydrate aufbauen (autotroph). Im Unterschied dazu benötigt ein Pilz
organische Kohlenstoffverbindungen um den Energiebedarf für seinen Stoffwechsel
zu decken (heterotroph). Damit ist ein wesentlicher Anspruch an den Lebensraum
von Pilzen bereits festgelegt.
Durch ihre Tätigkeit als Abbauer von organischen Verbindungen zählt man Pilze
zu den Zersetzern (Destruenten) genauer Reduzenten (Mineralisierer), da sie
organisches Material nicht nur zerkleinern, sondern in lösliche Minerale
aufspalten.
Die Ergänzung der Gruppe der Produzenten (grüne Pflanzen) und der Destruenten
bildet die Basis des grundlegenden Stoffkreislaufes in der Natur - der stete
Aufbau organischer Strukturen und wiederum der Abbau derselben.
Einteilung der Pilze nach der Ernährung
Von einigen Gruppen der Säugetiere ist bekannt, dass diese Lebewesen nach
ihren Ernährungsgewohnheiten eingeteilt werden (Pflanzenfresser, Fleischfresser,
Allesfresser). Je nach Art und Weise, wie die Pilze ihren Nahrungs-bedarf an
organischem Material decken, teilt man sie ebenfalls in Gruppen ein:
- Saprobionten (Fäulnisbewohner)
Sie bewohnen totes organisches Material.
- Parasiten (Ernähren sich von der Substanz lebender Organismen)
Parasitismus kann als Extremfall einer Lebensgemeinschaft (Symbiose)
bezeichnet werden, in welcher nur ein Partner profitiert und der andere Schaden
erleidet.
- Symbionten (Lebensgemeinschaft mit anderen Organismen)
Mit Symbiose bezeichnet man eine Lebensgemeinschaft, von der beide Teile
profitieren. Der Grenzfall, dass nur ein Teil profitiert, der andere jedoch
keinen Schaden erleidet wird mit dem Begriff Kommensalismus bezeichnet. Die
Lebensgemeinschaft von Pilzen, die mit ihrem Pflanzenpartner über die Wurzeln im
Kontakt sind, wird Mykorrhiza genannt.
Die Trennung ist nicht scharf. Es gibt Pilzarten, die zu verschiedenen
Gruppen gehören, zum Teil hängt dies auch von ihrem Lebensstadium ab.
Nach Zerkleinerung durch niedere tierische Lebewesen bauen Pilze zusammen mit
Bakterien die rund vier Tonnen Streu restlos ab, die jährlich in einem Hektar
Laubwald anfallen. Durch die Ausscheidung von Exoenzymen (extrazelluläre Enzyme)
können Pilze selbst schwer anzugreifende Kohlenstoffverbindungen aufschliessen
und dann in Flüssigkeit gelöst aufnehmen (osmotroph). Lediglich eine kleine
Gruppe von Schleimpilzen umschliesst winzige Partikel und kann so recht
eigentlich organisches Material fressen (phagotroph).
Zusammenhang zwischen Substrat und Ernährungsweise der Pilze
Die folgende Tabelle zeigt, auf welchem Substrat welche Ernährungsformen von
Pilzen vorkommen:
+++ bevorzugt
++ gut möglich
+ möglich
kein Zeichen: nicht möglich
Substrat |
Fachbegriff |
Saprobiont |
Symbiont |
Parasit |
Erde |
terricol |
+++ |
++ |
+ |
Holz |
lignicol |
+++ |
|
++ |
Blätter |
foliicol |
+++ |
|
+ |
Kräuter |
herbaecol |
++ |
|
++ |
Pilze |
fungicol |
++ |
|
++ |
Flechten |
lichenicol |
+ |
|
+++ |
Dung |
coprophil |
+++ |
|
|
gedüngte Erde |
semicoprophil |
+++ |
|
|
Moos |
bryophil |
+++ |
++ |
+ |
Brandstellen |
anthracophil |
+++ |
+ |
+ |
Tabelle aus: H.O Schwantes,
"Biologie der Pilze"
Beispiele
Die Symbiose zwischen Pilzen und Pflanzen wird in der Folge als Mykorrhiza
bezeichnet.
Erdbodenbewohner (terricol, terrestrisch)
Pilze, die den Humus bewohnen: In dieser Gruppe befinden sich die meisten von
Sammlerinnen und Sammlern gesuchten Arten.
Beispiele:
Saprobionten: Egerlinge (Champignons), Riesenschrimlinge (Macrolepiota),
Schönköpfe (Calocybe), Trichterlinge (Clitocybe), Rüblinge (Collybia), usw.
Mykorrhiza: Wulstlinge (Amanita), die meisten Röhrlinge (Boletus, Xerocomus,
Suillus, ...), Fälblinge (Hebeloma), Schnecklinge (Hygrophorus), Risspilze (Inocybe),
Milchlinge (Lactarius), Täublinge (Russula).
Holzbewohner (lignicol)
Die Abgrenzung zu den Parasiten ist oft fliessend. Gewisse saprobionte
Holzbewohner produzieren Toxine, die noch lebendes Holz zum Absterben bringen
und nutzen dieses nachher zum Nahrungsgewinn. Auch die Grenze zu den
Erdbewohnern ist fliessend. Der Graublättrige Schwefelkopf (Hypholoma capnoides)
besiedelt z.B. Holz, das schon fast ganz abgebaut worden ist.
Beispiele:
Saprobionten: Schwefelköpfe (Hypholoma), Holzritterlinge (Tricholomopsis),
Hallimasch (Armillariella), Rüblinge (Collybia), Stummelfüsschen (Crepidotus)
Parasit: Hallimasch (Armillariella)
Blätterbewohner (foliicol)
Auch hier z.T. Pilze, die zuerst parasitisch leben und dann später erst auf
dem abgestorbenen Blatt die Fruchtkörper bilden. Die Trennung zwischen
Saprobionten und Parasiten ist fliessend.
Beispiele: Buchsblattschwindling (Marasmius buxi) auf toten
Buchsbaumblättern, Blatthelmling (Mycena capillaris) auf abgefallenen
Buchenblättern
Krautbewohner (herbaecol)
Trennung zischen Saprobionten und Parasiten ebenfalls fliessend.
Beispiele:
Farnhelmling (Mycena pterigena) auf vorjährigen Farnstielen,
Knöllchen-Grashelmling (Mycena bulbosa) an toten Stengeln und Blättern von
Binsen (Juncus) oder Seggen, (Carex), Kräuterseitling (Pleurotus eryngii) auf
Laserkraut (Laserpitium)
Pilzbewohner (fungicol)
Beispiele:
Saprobionten: Zwitterlinge (Nyctalis), Goldschimmel (Sepedonium chrysospermum),
Sklerotienrübling (Collybia tuberosa)
Parasiten: Parasitischer Scheidling (Volvariella surrecta) auf Nebelkappen (Lepista
nebularis), Parasitischer Röhrling (Xerocomus parasiticus) auf Kartoffelbovist (Scleroderma
citrinum)
Mistbewohner (coprophil)
Beispiele:
Mistpilze (Bolbitius), Tintlinge (Coprinus), Träuschlinge (Stropharia)
Halbmistbewohner (semicoprophil)
Diese Arten sind nicht streng an Tierkot gebunden. Sie können auch auf stark
gedüngten Böden wachsen.
Beispiele:
Düngerlinge (Panaeolus), Träuschlinge (Stropharia)
Moosbewohner (bryophil)
Beispiele:
Saprobionten: Häublinge (Galerina), Nabelinge (Omphalina)
Parasiten: Heftelnabelinge (Rickenella)
Brandstellenbewohner (anthracophil)
Beispiele:
Kohlenleistling (Faerberia), Kohlennabeling (Myxomphalina maura),
Kohlenschüppling (Pholiota highlandensis)